Am 28.11.2018 entschied der Bundesgerichtshof in Karlsruhe darüber, dass eine Pflege-WG nicht generell mit einem Pflegeheim gleichzusetzen ist. Die Unterkunft von schwerst pflegebedürftigen Menschen, die frei über den Anbieter ihrer Pflegedienst- und Betreuungsleistungen bestimmen können, gilt nicht als Heim im herkömmlichen Sinne. Im Zuge dieses Urteils wurde einem Betreuer eine höhere Arbeitsvergütung zugesprochen.
Die Ausgangslage des Falls
Ein Mann, der mit einem anderen Pflegebedürftigen zusammen in einer betreuten Wohngemeinschaft lebt, hat gemeinsam mit diesem darüber entschieden, dass die Betreuungs- und Pflegedienstleistung von bestimmten Anbietern erbracht werden soll. Diese waren organisatorisch mit dem Vermieter verbunden. Laut Mietvertrag waren sie dazu nicht verpflichtet. Als der zuständige Betreuer für seine Arbeit eine pauschale Betreuervergütung von 594 Euro beantragte, hielt der Pflegebedürftige diese für zu hoch. Seine Begründung: Er würde aus betreuungsrechtlicher Sicht in einem Heim wohnen, daher sei eine Vergütung von 330 Euro angemessen.
Freie Wahl des Pflegedienstes
Um die Rechtsfrage zu klären, wurden die feinen Unterschiede zwischen Pflege-WG und Pflegeheim durchleuchtet. Als ausschlagender Punkt wurde die freie Entscheidung des Bewohnergremiums über die Auswahl des Intensivpflegedienstes unabhängig vom Vermieter angeführt. Die WG-Bewohner aus dem Fall hätten zwar die Leistungen von Anbietern in Anspruch genommen, die in Verbindung zu Ihrem Vermieter stehen, dazu seien sie vertraglich allerdings nicht verpflichtet gewesen. Sie hätten sich ebenso für einen anderen Anbieter entscheiden können.
Das Selbstbestimmungsrecht der Patienten wahren
Dieses Urteil ist bundesweit wegweisend für die Anerkennung der Wohngemeinschaften für Beatmungspatienten von Krankenkassen. Diese Wohnform ist zwar in allen Bundesländern möglich, aber jedes Land hat ein eigenes Gesetz dafür. Die Krankenkassen weigern sich aber in manchen Bundesländern, die entsprechende Vergütung zu bezahlen und setzen Angehörige teilweise massiv unter Druck. Andererseits kämpfen Pflegedienst mit jedem Landratsamt um die Genehmigung der Wohngemeinschaften. Hier haben nun die Verbände der Intensivpflegedienste gute Argumente, politisch tätig zu werden, damit die betroffenen Familien eine Wahlmöglichkeit für die für sie passende Betreuungsleistung zu haben.
Weitere Informationen zum Fall finden Sie hier.
Das Urteil vom Bundesgerichtshof Karlsruhe können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofes einsehen.