Arbeiten Sie in der ambulanten oder stationären Intensivpflege und befürchten, dass eine Gefährdungsanzeige ein böses Nachspiel haben könnte? Seien Sie unbesorgt: Werden Sie auf eine mögliche Gefahrensituation an Ihrem Arbeitsplatz aufmerksam, sind Sie dazu verpflichtet, den bestehenden Missstand zu melden. Selbstverständlich ist es ratsam, dass Sie in einer solchen Situation zuerst den Kontakt zu Ihrem Vorgesetzten oder Arbeitgeber suchen. Stoßen Ihre Bedenken nicht auf Gehör, sollten Sie im nächsten Schritt eine Gefährdungsanzeige formulieren. Arbeitgeber reagieren darauf nicht selten mit Missgunst. In einem Fall aus dem vergangenen Jahr entschied das Arbeitsgericht zugunsten einer examinierten Pflegerin, die eine Gefährdung aufgrund von Personalmangel angezeigt hatte.
Arbeitgeber vs. Pflegekraft: ein Fall aus dem Klinikalltag
In einem Fachklinikum in Göttingen war es zwischen dem Krankenhausträger und einer examinierten Pflegekraft zu einer Unstimmigkeit gekommen, die schließlich vor dem Amtsgericht ausgetragen wurde. Der Hintergrund: Auf einer Station der Fachklinik wurden ursprünglich – laut Dienstplan – zwei examinierte Pflegekräfte eingeplant. Wegen eines krankheitsbedingten Ausfalls konnte diese Planung nicht realisiert werden. Vor Dienstbeginn wendete sich die verbleibende Pflegekraft, die nur als Vertretung eingesetzt und daher nicht mit den Patienten vertraut war, an die Personalleitung. Sie wies darauf hin, dass sie befürchte, es könne – durch sie und eine Auszubildende – keine ausreichende Versorgung der Patienten gewährleistet werden. Die Personalleitung reagierte und teilte dem Stationsteam eine Pflegeschülerin zu. Sollte weiterer Bedarf bestehen, können sie Unterstützung von der benachbarten Station anfordern, hieß es weiter. Die examinierte Pflegekraft nahm die Personallage weiterhin als unzureichend wahr und entschied sich daher, eine Gefährdungsanzeige zu schreiben.
Die Pflegekraft musste sich daraufhin vor dem Personalleiter und dem Pflegedirektor verantworten. Beide hielten die Anzeige für nicht gerechtfertigt und bestanden darauf, dass diese zurückgezogen werde – objektiv gesehen, drohte keine Gefahr und es wäre auch zu keiner Gefahrensituation gekommen. Als die Pflegerin der Aufforderung keine Folge leistete, wurde sie abgemahnt. Ihr Arbeitgeber berief sich darauf, dass die Situation für sie als examinierte Pflegekraft eine normale fachliche Leistung darstellen müsste – egal, ob sie mit den zu behandelnden Patienten vertraut war oder nicht.
Der Fall wurde letztendlich vor dem Arbeitsgericht ausgetragen. Hier forderte die Pflegekraft, man möge die Abmahnung aus Ihrer Akte entfernen, denn sie habe nicht falsch gehandelt. Ihr Arbeitgeber hielt dagegen: Der gleichzeitige Einsatz von zwei examinierten Pflegekräften auf einer Station könne und müsse nicht garantiert werden, zudem konnte das vorliegende Arbeitspensum – ohne Zwischenfall – bewältigt werden.
Das Arbeitsgericht sprach der examinierten Pflegekraft Recht zu – die Leitung des Fachklinikums musste die Abmahnung zurückziehen.
Ambulante Intensivpflege: Schutz der Patienten steht an erster Stelle
Auch in der ambulanten Intensivpflege gilt: Der Schutz der Patienten ist vorrangig und ihre entsprechende Versorgung muss durch die Pflegekräfte gewährleistet werden können. Kann dem nicht ausreichend nachgegangen werden, weil Personalmangel herrscht, ist es die Pflicht des Arbeitgebers, dieses Problem im erforderlichen Umfang zu lösen. Hat eine Pflegekraft den Eindruck, dass eine mögliche Gefährdung besteht, ist sie dazu verpflichtet, diese Einschätzung mitzuteilen und wenn nötig, auch anzuzeigen.
Einen Artikel zu dem beschriebenen Fall finden Sie im Ärzteblatt.